PRESSESTIMMEN
zur Premiere bei La Monnaie / De Munt am 16.01.2018
Süddeutsche Zeitung, 19.01.2018
„Was für ein gewaltiger Abend!“
„Noch nie ist jemand auf die Idee gekommen, diese beiden Stücke zu kombinieren. Obwohl es um eine ähnliche Thematik geht, um Freiheit, Gefangenschaft und Überleben. Auch musikalisch passen Dallapiccola und Rihm bestens zueinander, der Jüngere scheint den Älteren komponierend fortzuschreiben.“
„Ist [Regisseurin
Andrea Breth] inspiriert, dann kann sie tiefer in Stücke hineinblicken, als es ihren Autoren recht sein kann. Sie kann zudem ihre Erkenntnisse in ein Theater verwandeln, das durch Subtilität, Genauigkeit und Emotionsgewalt besticht. All das jetzt in Brüssel – die Aufführung geht im Sommer nach Stuttgart – vollkommen gelungen.“
„Der gefeierte Bariton
Georg Nigl ist Breth-erfahren, ein Gefühlsextremist, eine Rampensau. Lustvoll wühlt er sich in die Agonie des Gefangenen. […]Selbst wenn man Nigl nicht hörte, wäre man davon ergriffen, wie genau er den Gefangenen im Halluzinieren zwischen Hoffnung und Todeserschöpfung spielt: nie übertrieben in Mimik und Gestik, stets stille Verzweiflung und zweifelnd auch in seinen Illusionen.“
„Noch faszinierender, noch existenzieller, noch schonungsloser geht
Ángeles Blancas Gulín ans Werk. [Sie ist] stimmlich ideal für die zwischen Wahnsinn und Frustration irrlichternde Rihm-Frau und deren Musik.“
"Breth erzählt über Rihm und Dallapiccola hinweg das Ende einer in Tod und Irrsinn scheiternden Liebesbeziehung. Der Mann wie die Frau sind Gefangene - in sich selbst, in ihrer Beziehung, in der Welt. [...] Der Bezug zwischen beiden wird [...] vor allem durch das geniale Bühnenbild deutlich.
Martin Zehetgruber hat vor eine kalte, graue Betonwand einen Käfig gestellt, der nach und nach zu einer Käfiglandschaft mutiert. Ein Entkommen gibt es weder für die Sänger noch für die Zuschauer."
„Gefangene gemacht“ von Reinhard J. Brembeck
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.01.2018
„Eine erstaunlich stringente Ergänzung erfährt die Gefängnisoper [
Der Gefangene von Luigi Dallapiccola ] jetzt am Brüsseler Théâtre de la Monnaie durch das Kurzstück Das Gehege von Wolfgang Rihm. Beide Male geht es um das Verhältnis zwischen einem Gefangenen und seinem Wächter – seinem vermeintlichen Befreier –, zwischen Täter und Opfer, um das Gefühl des Eingesperrtseins und den Drang nach Freiheit.“
„Der Ausstatter
Martin Zehetgruber ließ für beide Stücke eine düster-klaustrophobische Einheitsszene mit einer Reihe von Drahtkäfigen in verschiedenen Konstellationen arrangieren, von der Einzelzelle des Prigioniero bis zu einem veritablen Gehege. Ähnlich spartanisch ist auch die Regie von
Andrea Breth. Sie setzt auf die Kraft kleinster Gesten in ihrer minutiös komponierten Personenführung.“
„
Ángeles Blancas Gulín bewältigt die mörderische Partie mit unglaublicher Hingabe. Ihr Sopran durchmisst vom Sprechgesang bis zu artistischen Höhenflügen, zwischen schriller Ekstase und vokaler Inbrunst alles, was Stimme leisten kann, und das in den ungewöhnlichsten Positionen, mal am Boden liegend, mal am Käfiggitter hängend. Eindrucksvoll zwischen Aufbegehren, Resignation und Zuversicht schwankend gestaltet der Bariton
Georg Nigl ebenso zuverlässig die Prigioniero-Partie.“
„Hoffnung ist ein süßes Gift“ von Josef Oehrlein
Die deutsche Bühne online, 17.01.2018
„[Regisseurin]
Andrea Breth fordert ihre Darsteller aufs Äußerste und schafft eine beklemmende Stimmung immerwährender Repression und Ausweglosigkeit. Wie immer ist das handwerklich virtuos gemacht und minutiös ausgeführt.“
„Musikalisch ist der Doppelabend von atemberaubender Qualität auf Festspielniveau.
Franck Ollu leitet das Monnaie-Orchester souverän, setzt auf zuspitzende Transparenz ohne plärrende Effekte, der Chor ist famos präpariert.
Georg Nigl geht als Gefangener in jeder Hinsicht an seine Grenzen: Als überragender Darsteller ist er derzeit konkurrenzlos, seinen anfangs noch balsamisch tönenden Bariton setzt er kompromisslos ein, scheut nicht einmal den unkontrollierten Schrei und nimmt selbst raue, abbrechende Töne inkauf. Kaum nach steht ihm
Ángeles Blancas Gulín, die in
Das Gehege mit allen Möglichkeiten ihres zugleich biegsamen, vom hauchig-zarten Piano bis zur metallischen Elektra-Attacke begabten dramatischen Sopran virtuos spielt und selbst kopfunter hängend auf den Schultern eines der Adler-Statisten noch berückend bedrohliche Verführungs-Töne produziert.“
„Höchst gediegen“ von Regine Müller
www.concerti.de, 16.01.2018
„Diese Brüssler Kombination stimmt einfach. Zunächst einmal und vor allem musikalisch. Kein Teil drängelte sich vor oder nimmt dem anderen etwas weg. Da offenbart sich plötzlich eine erstaunliche Korrespondenz zwischen den Stücken. Das eine in den Anfangsjahren des Kalten Krieges 1949 geschrieben; das andere komponiert an dessen Ende. [...] Um hier einzudringen und die all die Verwerfungen des Entstehungsjahrhunderts reflektierende innere Verbindung aufzuspüren, sind die Präzisionsfanatikerin
Andrea Breth und ihr Bühnenbildner
Martin Zehetgruber, wie sich zeigte, genau die Richtigen. “
„
Andrea Breth hört auf die Stimmen, die Stimmung mehr als auf die Worte. Liefert also keine naturalistische Erzählung, sondern spürt dem nach, was im Untergrund wabert. Die Szene ist dafür sehr sparsam, aufs metaphorisch Wesentliche eingedampft.“
„Intendant Peter de Caluwe hat für seine ambitionierte, mit der Oper Stuttgart koproduzierte Premiere genau die zwei Ausnahme-Protagonisten engagiert, die man braucht, um die Distanz zwischen den eher selten zu erlebenden Stücken und dem Zuschauer von heute emotional zu überbrücken. Neben
Ángeles Blancas Gulín als Mutter und dann als Anita, ist der mit Breth vertraute Bariton
Georg Nigl jener Gefangene, der sich vergeblich Hoffnungen macht, sein Gefängnis verlassen zu können.“
„Im Graben hält
Franck Ollu am Pult des Sinfonieorchesters der La Monnaie-Oper mit Präzision und Leidenschaft zusammen, was an diesem Abend ganz offensichtlich zusammengehörte.“
„Käfighaltung für Exoten“ von Roberto Becker
Neue Zürcher Zeitung, 18.01.2018
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Ángeles Blancas Gulín gibt darstellerisch wie auch stimmlich alles, vollführt Vogelbalztänze wie aus biologischen Lehrfilmen, reckt gänzlich undivenhaft ihren Unterkörper den hier gleich vier Adlerdarstellern entgegen. Stimmlich entfaltet die spanische Sopranistin auf einer beachtlichen Tiefenbasis hinreichende Durchschlagskraft, erfüllt zwischen Sprechgesang und Melisma sämtliche pluralistischen Stil-Anforderungen. Dass sie über ein bitter-dunkles Timbre von nicht uninteressanter Schärfung verfügt, verdeutlicht den Ausnahmezustand der Figur, erlaubt ihr sogar die Erweiterung der expressiven Möglichkeiten bis an die Grenze eines bewussten Kreischens.“
„Keine Frage: [Regisseurin]
Andrea Breth kann Sänger zu darstellerischen Ausnahmeleistungen verführen.“
„Mehr Dringlichkeit bitte“ von Michael Stallknecht
Aachener Zeitung, 18.01.2018
"
Andrea Breth, die in Brüssel mit einer fulminanten Inszenierung von Rihms
Jakob Lenz für Furore sorgte, steigert nun ihre Glanzleistung. Sie ist die Meisterin der szenischen Reduktion, vermeidet jede überflüssige Geste, lenkt den Blick konsequent auf die inneren Vorgänge der Opfer und sensibilisiert den Blick des Betrachters für feinste Verästelungen und Andeutungen. Auf der überwiegend leeren, schwarz belassenen Bühne genügen ihr die einfachen Käfig- und Gitterlandschaften von
Martin Zehetgruber, um die Konflikte hautnah ausdrücken zu können.
"Brüsseler Oper zeigt Doppelabend von Dallapiccola und Rihm" von Pedro Obiera
BRF, 18.01.2018
"Die beiden Operneinakter von rund 45 Minuten Länge sind wie geschaffen für einen Doppelabend. Beide Opern haben starke politische Ansätze, behandeln das Thema der Freiheit. [...] vor allem wie sie in Brüssel auf die Bühne gebracht werden, ist von einer inneren Logik, die mehr als offensichtlich ist."
"
Georg Nigls Bühnenpräsenz ist immer wieder atemberaubend. Nur wenige Sänger setzen sich wohl so intensiv mit einer Rolle auseinander wie der Bariton. [... Er] singt mit einer unfassbaren Genauigkeit und körperlichem Engagement die Rolle des Gefangenen [...]."
"Und die Sopranistin
Ángeles Blancas Gulín, die bei Dallapiccola die Mutter des Gefangene singt, macht die Rolle der Frau in Rihms Werk zu einem echten Theaterereignis. Sie singt in jeder möglichen und unmöglichen Position, liegend, an den Gittern des Geheges hängend, kopfüber, und es klingt jedes Mal grandios."
"Packendes Musiktheater: Doppelabend in der Monnaie" von Hans Reul