2. Kammerkonzert – Avant un rêve

Johannes Brahms Zwei Gesänge für eine Altstimme, Viola und Klavier op. 91
Arnold Schönberg Ein Stelldichein
Franz Schubert Introduktion und Variationen über „Trockne Blumen“ D 802
Volker David Kirchner Il canto della notte
Gabriel Fauré Trois mélodies op. 7 Nr. 1
 
Nach dem Traum ist vor dem Traum: Schlaf, Traum- und Wunschbilder als Retter vor der nüchternen Realität inspirierten Komponisten aller Epochen zu Werken, die in diesem Zwischenreich auf ganz unterschiedliche Weise Wünsche und Hoffnungen zu reeller Substanz werden lassen.
Schmerzvolle Sehnsucht wird in Brahms’ Zwei Gesängen von Winden und Vöglein gestillt, die die Welt in Schlummer „einlispeln“. Das todessüchtige Lied Trockne Blumen aus Schuberts Liederzyklus Die Schöne Müllerin schafft die Dur-Wendung in der hoffnungsvollen Vorstellung der Geliebten am Grab des glücklosen Wanderers. In seinem Variationenwerk über das Thema dieses Liedes – seiner einzigen Komposition für Flöte – läutert Schubert diese Resignation durch schiere Virtuosität, die in einen paradox triumphalen Schluss mündet.
Aber auch real erfüllte Liebe ist kein Garant für uneingeschränktes Glück, wie Schönberg in seinem Stelldichein voll bitterer Süße und Melancholie zu verstehen gibt. Dass genau dieser spätromantische Schönberg für den Mainzer Komponisten Volker David Kirchner ein großes Vorbild war, ist in seinem suggestiven Sextett Il canto della notte (1998) kaum zu überhören. „Mit den Menschen um den Menschen zu fürchten“, sei der Beweggrund seiner hochexpressiven Kunst. Nicht ein Individuum, sondern die ganze Menschheit ist Protagonist seiner Musik, und in seinem atmosphärischen Nachtgesang exponiert er sie in all ihrer Zerbrechlichkeit.
Ks. Helene Schneiderman, Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart, legt den Musikern des Staatsorchesters die Fährte durch dieses traumwandlerische Gelände.