5. Sinfoniekonzert

Hossein Pishkar / Stine Marie Fischer

Hossein Pishkar, Stine Marie Fischer
Werke von Sciarrino, Romitelli und Beethoven
Salvatore Sciarrino Efebo con radio
Fausto Romitelli Audiodrome – Dead City Radio
Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
 
Ist das, was wir für die Wirklichkeit halten, „wirklich wirklich“? Ein Frühjahrsfestival der Staatsoper Stuttgart ergründet diese Frage in unterschiedlichen dramaturgischen und musikalischen Formaten. So auch im Sinfoniekonzert:
Der 1988 in Teheran geborene Hossein Pishkar, Gewinner des Deutschen Dirigentenwettbewerbs 2017, gehört zur ersten Generation von „digital natives“. Doch nicht erst seit Social Media die öffentliche Meinungsbildung beeinflussen, üben Medien eine große Macht auf unser Wirklichkeitsempfinden aus. Das gute alte Radio etwa zieht in Salvatore Sciarrinos Efebo con radio einen kleinen Jungen (Stine Marie Fischer) in seinen Bann. Quer durch vielsprachige Kanäle und mysteriöses Rauschen segelnd taucht er in eine soghafte Fantasiewelt ein.
Visionär erscheint heute die Dystopie, die der früh verstorbene Fausto Romitelli 2003 in seinem Audiodrome – Dead City Radio entwarf: Diese fiktive Radioübertragung aus einer toten Stadt spiegelt eine globalisierte Welt, in der menschlicher Austausch durch rein elektronische Kommunikation zu einem verzerrten, gestörten Substitut degeneriert ist.
Aber selbst in prä-medialen Zeiten konnte die Wand, die zwei konträre Wirklichkeiten trennt, sehr dünn sein: Von Napoleons Selbstkrönung soeben aus einer weltumspannenden Utopie gerissen, ergriff Beethoven ein ganz anderer Taumel, als er seine 4. Sinfonie schreib: rasende Liebe. Wie sonst ließe sich diese euphorisch leichte Musik zwischen zwei symphonischen Schlachtrossen erklären?