Pnima

CHAYA CZERNOWIN
KAMMEROPER IN DREI TEILEN FÜR VIER VOKALSOLISTEN, SECHS INSTRUMENTALSOLISTEN UND STREICHORCHESTER

Pnima – hebräisch „ins Innere" – heißt die erste Oper der israelischen Komponistin Chaya Czernowin, die 2000 bei der Münchner Biennale uraufgeführt wurde. Es ist eine Oper, die hineinführt ins Innere der Klänge – auch der Zuschauer sitzt umgeben von Klang und Geräusch –, ins Innere psychischer Zustände und Gefühle, ins Innere von Identität und Wesen. Inhaltlicher Bezugspunkt ist der erste Teil von David Grossmans Roman "Stichwort: Liebe", die Geschichte eines Jungen im Israel der 1960er, der aufwächst mit dem unausgesprochenen Schrecken der Shoa, dem Trauma der ihn umgebenden Erwachsenen. Dass auch er, als Kind der „zweiten Generation", diesem Trauma nicht entgehen kann, wird deutlich in der Auseinandersetzung mit seinem Großvater, dessen Grauen bald Teil seiner selbst wird. Ohne Text nimmt Chaya Czernowin diese Geschichte in ihrer Oper auf und schreibt eine Musik, deren theatrale Kraft bitteren Schmerz und intensives Leben zugleich erzählt.

Die Inszenierung von Yona Kim geht aus von der Situation einer Familie, in der scheinbare Normalität nur die Oberfläche bildet. Umgeben von Erwachsenen sehen wir dort ein Kind, das sich der Last der Erfahrungen der vorherigen Generationen immer weniger entziehen kann.

Die musikalische Leitung des Abends hat Johannes Kalitzke inne, der sich besonders als Komponist und Dirigent zeitgenössischer Musik weltweit einen Namen gemacht hat. Er dirigierte auch die Uraufführung 2000 in München und war in Stuttgart bereits mit der Uraufführung von Adriana Hölszkys "Giuseppe e Sylvia" zu erleben.

Begleitprogramm zu Pnima

Kurztagung
Im Inneren der Klänge - Vier Annäherungen an Pnima
am 10. Juli, 10.30-17.00 Uhr im Opernhaus

Kaleidoskop
am 14. Juli, 20 Uhr im Literaturhaus Stuttgart

Tagung
am 9./10. Oktober, in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Nähere Information unter: www.akademie-rs.de
Laufzeit: 75 Min. (keine Pause)
Ort
Opernhaus
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Frankfurter Allgemeine Zeitung
01.01.2000
Die Musik ist es, die mehr als tausend Worte sagt, die dem Sprechen über das Unaussprechliche näher rückt. Czernowins Komposition bildet keine Befindlichkeiten ab – sie ist die Befindlichkeit selber. Deshalb berührt sie so. Am Ende hat die Regisseurin Yona Kim Recht, wenn die Klänge sie an „unzählige Rasierklingen, die im Raum fliegen", gemahnen.
Badische Zeitung
01.01.2000
Yona Kim hat genau in die Komposition hineingehört und die Inszenierung minutiös aus ihr entwickelt. So behält die Musik stets ihr Eigengewicht, erhält aber gleichzeitig eine schlüssige theatralische Deutung, die nicht in Einzelmomente zerfällt, sondern ihre Spannung durchgehend aufrechterhält. Die vier Vokalsolisten meistern brillant die ganze Palette stimmlicher Laute vom Quengeln, Geifern, Wüten oder Weinen bis hin zum Stöhnen. Johannes Kalitzke kann auf eine sorgfältige Einstudierung der mannigfaltigen Klangmixturen Czernowins mit den Streichern des Staatsorchesters Stuttgart und den Instrumentalsolisten bauen. Anarchisch wuchernde, vitale Laute und Geräusche addieren sich spielerisch zu ganz eigenwillig tönenden Feldern – eine phantasievolle, unterhaltsame und gleichzeitig von tiefem Ernst durchdrungene Musik, die von aufgewühlten Gefühlen, von Klage, Anklage, Wüten und chaotischen Gemütszuständen kündet.
Stuttgarter Zeitung
01.01.2000
Der ungeheuren Vielfalt der Geräusche und Klänge, die von den vier Gesangssolisten und dem phänomenalen Stuttgarter Staatsorchester erzeugt werden, stellt die Inszenierung von Yona Kim auf Herbert Murauers Bühne eine realistische Bilderfolge gegenüber. Angst und Verdrängung, Schrecken und psychische Zerstörung sind hier in vielen symbolhaften Gesten begreifbar.
Ludwigsburger Kreiszeitung
01.01.2000
Die Stärken der Inszenierung gründen vor allem in der Irritation, die das Verschwinden der Sprache aus dem Musiktheater auslöst. Auf sehr musikalische Weise folgt die Regisseurin den Lauten des von Johannes Kalitzke hervorragend einstudierten Orchesters und der virtuos agierenden Solisten Yuko Kakuta, Noa Frenkel, Daniel Gloger und Andreas Fischer. Kim lässt den Zuschauer mehr ahnen, als er sehen kann, ihre Bilder stecken voller Gedanken und Bezüge – manche Doppelbödigkeit begreift man of erst im Nachhinein.
Stuttgarter Nachrichten
01.01.2000