Versehrte Landschaft, umher­schweifendes Ich

Gespräch mit „Dora“-Librettist Frank Witzel und Live-Performance von Bernhard Langs „The Cold Trip, part II“ mit LAB51

Die Titelfigur in Bernhard Langs und Frank Witzels neuer Oper Dora steht in einer öden Landschaft, die ihr wie das Reißbrett für ihr eigenes Leben vorkommt, und weiß nicht, wohin sie ihre Schritte lenken soll. Die junge Frau macht sich trotzdem auf die Suche nach einem Weg. Eine Suchbewegung stellt für den Schriftsteller und Dora-Librettisten Frank Witzel auch das Schreiben dar. Mit seinem Kollegen Ingo Schulze spricht er im Literaturhaus über Motivationen und Ausgangspunkte für Texte, über eingeschlagene und abgebrochene Wege, überraschende Abzweigungen und unerreichbare Ziele.

Das Duo LAB51 (Johanna Vargas und Magdalena Cerezo Falces) performt Bernhard Langs The Cold Trip, part II – eine Überschreibung des wohl berühmtesten Liedzyklus‘ der Romantik: Franz Schuberts Winterreise. Mit seiner Komposition für Stimme, Klavier und Elektronik versetzt Lang die realen wie die halluzinierten Suchbewegungen von Schuberts an der Welt verzweifelndem Wanderer ins 21. Jahrhundert.

Am 3. März 2024 kommt Dora zur Uraufführung - eine neue Oper für Stuttgart, komponiert von Bernhard Lang auf ein Libretto des Schriftstellers Frank Witzel. Der Abend im Literaturhaus ist Teil einer Reihe von Veranstaltungen, mit der wir während der Probenzeit das Warten auf Dora verkürzen wollen.
Live-Musik
Bernhard Lang The Cold Trip, part II für Klavier, Laptop und Stimme

Mit LAB51: Johanna Vargas (Sopran) und Magdalena Cerezo Falces (Klavier)

Weitere Veranstaltungen zu Dora
Witzel & Lang, 33 rpm20. Februar 2024, 20 Uhr
BIX, Jazzclub & Lounge


Hörspielnacht unterwegs
26. Februar 2024, 19 Uhr
Treffpunkt: Freitreppe Opernhaus

Libretti lesen: Who the hell is Dora? – Der Literaturclub der Staatsoper Stuttgart
28. Februar 2024, 19 Uhr
Opernhaus, Nebenraum Kantine

In Kooperation mit
Feb 2024
https://www.staatsoperstuttgart.de Staatsoper Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart

Do
8
19:30
Literaturhaus Stuttgart
Die Künstler*innen des Abends
Frank Witzel
Der Schriftsteller Frank Witzel veröffentlichte u.a. die Romane Bluemoon Baby (2001/2017), Vondenloh (2008/2018) und Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969, für den er den Deutschen Buchpreis 2015 erhielt. Das gleichnamige Hörspiel gewann den Deutschen Hörspielpreis 2017. Es folgten Direkt danach und kurz davor (2017) und Inniger Schiffbruch (2020). Mit dem Bayerischen Rundfunk produzierte er 2017 den Hörspiel-Film Die apokalyptische Glühbirne und 2018 die Hörspielserie Stahnke, 2019 mit dem Hessischen Rundfunk das Hörspiel Jule, Julia, Julischka. In seinen Romanen lässt Witzel nicht selten fiktives Erzählen, autobiographische Reflektion, Philosophie und Theorie aufeinandertreffen. In essayistischen Formaten setzt er sich u.a. mit den Bedingungen des Schreibens und Erinnerns oder der sprachlichen Konstruktion eines Selbst auseinander. So erschienen zuletzt ein zweibändiges Metaphysisches Tagebuch, ein Nachwort zur Neuerscheinung von Simone Weills Schwerkraft und Gnade sowie der Essay Von aufgegebenen Autoren. 100 Vergessene, Verkannte, Verschollene. In Die Bundesrepublik Deutschland (u.a. mit Thomas Meinecke) und BRD Noir (mit Philipp Felsch) erkundete er mit seinen Gesprächspartnern biographisches Erleben vor dem Hintergrund bundesdeutscher Geschichte und Kulturgeschichte. Frank Witzel hat zuletzt wiederholt für das Musiktheater gearbeitet, das bislang Neuland für ihn war: Er verfasste neben Dora den Text zu Pierre Jodlowskis Musiktheater Alan T. über den britischen Mathematiker Alan Turing, uraufgeführt beim Festival Warschauer Herbst 2021 und im Anschluss beim Festival Donaueschingen zu erleben. Für das Berliner Musiktheaterkollektiv gamut inc. schrieb er die Libretti für R.U.R. Rossum's Universal Opera und ZEROTH LAW – Das Nullte Gesetz.
(c) Maja Bechert
Ingo Schulze
Ingo Schulze wurde 1962 in Dresden geboren und lebt in Berlin. Nach dem Studium der klassischen Philologie in Jena arbeitete er zunächst als Schauspieldramaturg und Zeitungsredakteur. Bereits sein erstes Buch 33 Augenblicke des Glücks, 1995 erschienen, wurde sowohl von der Kritik als auch dem Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Simple Storys (1998) wurde ein spektakulärer Erfolg und ist Schullektüre. Es folgten das Opus magnum Neue Leben (2005), die Erzählungen Handy (2007) und Orangen und Engel (2010) sowie die Romane Adam und Evelyn (2008) und Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst (2017), für den Ingo Schulze mit dem Rheingau Literatur Preis ausgezeichnet wurde und der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand. Zudem veröffentlichte Ingo Schulze Essays und Reden, darunter Was wollen wir? (2009) und Unsere schönen neuen Kleider (2012), sowie das Künstlerbuch Einübung ins Paradies (2016). Im Frühjahr 2020 erschien der Roman Die rechtschaffenen Mörder, der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war. Am 1. Oktober 2020 wurde Ingo Schulze mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für sein Engagement als politischer Autor und Künstler ausgezeichnet. Im Frühjahr 2022 erschien Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte .... Ingo Schulzes Werk wurde mit internationalen Preisen ausgezeichnet und ist in 30 Sprachen übersetzt.
(c) Gaby Gerster
LAB51
LAB51 setzt sich mit der historischen Evolution des Liedduos auseinander und stellt die Rolle der Besetzung Stimme/Klavier in Frage: beide Interpretinnen gehen über ihren üblichen Rollen hinaus und verkörpern auf der Bühne eine intensive Interaktion zwischen Stimme, Klavierspiel, Performance, audiovisuellen Medien und Dramaturgie. LAB51 hat mit Komponist*innen wie Johannes Kreidler, Hans Joachim Hespos, Bernhard Lang, Wolfgang Rihm, Hans Thomalla, Óscar Escudero und Belenish Moreno-Gil zusammengearbeitet und trat bei Festivals und Reihen wie RESIS, ZeitGenuss, Royaumont, Musica in Prossimità, METAWORLD Festival, Vocations, ECLAT oder die Darmstädter Ferienkurse auf. 2018 gewann LAB51 den 1. Preis des John Cage Interpretation Award und war 2022 Ensemble in Residence an der Cité Internationale des Arts Paris. Vargas/Cerezo sind für das Fach Interpretation zeitgenösisscher Vokalmusik an der HfM Karlsruhe zuständig. Ihre Auftritte wurden u.a. von Deutschlandfunk, Radio France oder RNE übertragen.
(c) Oliver Röckle

LAB51: „XX. Deviant“ aus „The Cold Trip, part II“ von Bernhard Lang